In der modernen Verwaltungsarbeit stehen Teams, Projektgruppen und Gremien oft vor einem Dilemma: Wie lassen sich komplexe Themen partizipativ bearbeiten, ohne in endlosen Diskussionen die Ergebnisorientierung zu verlieren? Die Antwort liegt oft nicht in externen Beratern, sondern in der Befähigung der eigenen Gruppe.

Das Konzept der Teamgeleiteten Moderation bietet hierfür einen strukturierten Ansatz. Es verbindet die klare Prozessführung einer Moderation mit der inhaltlichen Schwarmintelligenz des Teams. Ziel ist die Förderung echter Partizipation bei gleichzeitiger Sicherstellung belastbarer Ergebnisse für die kommunale Praxis.

Das Grundprinzip: Trennung von Prozess und Inhalt

Das Kernmerkmal dieses Ansatzes ist eine strikte Rollentrennung, die Hierarchien temporär auflöst:

  • Der Moderator (Prozessverantwortung): Er agiert nicht als „Chef“ oder inhaltlicher Entscheider, sondern als neutraler Strukturgeber. Er bündelt Beiträge, visualisiert Ergebnisse und sorgt für Ordnung.
  • Das Team (Inhaltsverantwortung & Coaching): Die Teammitglieder liefern die Fachexpertise. Eine Besonderheit dieses Modells ist die „Coaching-Funktion“ des Teams: Die Gruppe unterstützt den Moderator aktiv (z. B. durch Hinweise wie „Bitte fasse das kürzer zusammen“ oder „Lass uns das thematisch Clustern“).

Diese Dynamik verwandelt Betroffene in Beteiligte und verhindert, dass Meetings zur „One-Man-Show“ einzelner Personen werden.


Die Qual der Wahl: Wer moderiert?

Die Bestimmung des Moderators ist der erste strategische Schritt und sendet bereits Signale für die Zusammenarbeit. Je nach Kontext, Reifegrad des Teams und Zielsetzung bieten sich in der kommunalen Praxis unterschiedliche Auswahlverfahren an:

1. Das Zufallsprinzip (Losverfahren)

Hier entscheidet das Los.

  • Vorteil: Maximale Neutralität; Machtkämpfe werden im Keim erstickt.
  • Nachteil: Gefahr mangelnder Vorbereitung oder Eignung.
  • Einsatzgebiet: Kurze Workshops, agile Stand-ups oder Teams auf Augenhöhe.

2. Demokratische Legitimation (Wahl durch das Team)

Das Team bestimmt, wer führt.

  • Vorteil: Hohe Akzeptanz der Moderation, da das Mandat von der Gruppe kommt.
  • Nachteil: Risiko von „Sympathiewahlen“ statt Kompetenzentscheidungen.
  • Einsatzgebiet: Längere Projektphasen oder heikle Themen, bei denen Vertrauen essenziell ist.

3. Das Freiwilligenprinzip

Wer Initiative zeigt, übernimmt die Rolle.

  • Vorteil: Hohe intrinsische Motivation und Engagement.
  • Nachteil: Gefahr der Rollenmonopolisierung durch dominante Persönlichkeiten („Vielredner“).
  • Einsatzgebiet: Themen, die hohe Fachkenntnis oder Leidenschaft erfordern.

4. Das Rotationsverfahren

Die Rolle wechselt turnusmäßig.

  • Vorteil: Fördert die methodische Kompetenz aller Mitarbeiter („Empowerment“) und verhindert Dauerbelastung.
  • Nachteil: Kontinuitätsbrüche im Prozess.
  • Einsatzgebiet: Regeltermine (Jour Fixe), Lernprozesse und Teambuilding.

5. Kompetenzbasierte Auswahl

Auswahl nach methodischer Stärke oder Fachwissen.

  • Vorteil: Höchste Qualität der Prozessführung.
  • Nachteil: Gefahr der Überlastung einzelner Leistungsträger („Flaschenhals-Effekt“).
  • Einsatzgebiet: Hochkomplexe Themen oder Krisensitzungen.

Der Prozess: Struktur schafft Freiheit

Ein erfolgreicher Ablauf in der teamgeleiteten Moderation folgt einer klaren Dramaturgie. Der Moderator ist hierbei der „Facilitator“ (Ermöglicher):

  1. Divergenz (Ideensammlung): Alle Teilnehmer bringen Vorschläge ein. Quantität geht vor Qualität.
  2. Dokumentation & Team-Coaching: Der Moderator hält alles fest. Das Team greift steuernd ein, wenn die Dokumentation ungenau ist oder der Prozess stockt.
  3. Konvergenz (Ordnung & Cluster): Der Moderator strukturiert die Beiträge in Themenfelder (z. B. „Digitalisierung“, „Bürgerservice“, „Personal“). Das Team validiert diese Struktur („Passt dieser Punkt wirklich dort hin?“).
  4. Ergebnissicherung: Der Moderator formuliert eine Synthese. Das Team prüft diese final auf Vollständigkeit und Richtigkeit.
  5. Meta-Reflexion: Am Ende steht zwingend eine Feedbackrunde: Wie hat der Moderator die Rolle ausgefüllt? Wo können wir den Prozess beim nächsten Mal verbessern?

Erfolgsfaktoren für die Effizienz

Damit dieses Modell in der oft eng getakteten Verwaltungspraxis funktioniert, müssen vier Rahmenbedingungen erfüllt sein:

  • Timeboxing (Klare Zeitfenster): Jede Phase (Sammlung, Diskussion, Entscheidung) erhält ein festes Zeitlimit. Der Moderator überwacht dies strikt.
  • Sichtbarkeit (Visualisierung): Ergebnisse müssen physisch oder digital sichtbar sein (Metaplanwand, Flipchart, Miro/Mural). Was nicht sichtbar ist, existiert im Prozess nicht.
  • Verbindliche Dokumentation: Das Ergebnisprotokoll entsteht während der Sitzung, nicht danach. Dies vermeidet Missverständnisse im Nachgang.
  • Rollenklarheit: Der Moderator muss verinnerlichen, dass er „Diener des Prozesses“ (Servant Leader) ist, nicht der inhaltliche Vorgesetzte.

Fazit

Die teamgeleitete Moderation ist mehr als eine Besprechungstechnik; sie ist ein Instrument der Kulturveränderung in der Verwaltung. Sie fördert Eigenverantwortung, bricht Silodenken auf und sorgt dafür, dass die Vielfalt der Perspektiven zu tragfähigen Lösungen führt. Bei allen unseren Workshops wird diese Methode trainiert.